Resilienz im Schadenmanagement

Herausforderung mit System: Die Zukunft der Schadenbearbeitung

Die Schadenbearbeitung in der Versicherungswirtschaft steht unter massivem Veränderungsdruck. Die Ursachen sind vielfältig: Der demografische Wandel führt dazu, dass erfahrene Mitarbeitende zunehmend aus dem Berufsleben ausscheiden – oft ohne systematische Wissenssicherung. Gleichzeitig wird es immer schwieriger, qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen. Diese Entwicklung trifft auf steigende Schadenaufkommen, insbesondere in der Kfz-Versicherung und im Bereich Naturgefahren.

Steigende Belastung durch äußere Einflüsse

Klimawandelbedingte Extremwetterereignisse, neue regulatorische Vorgaben wie eine mögliche Pflichtversicherung für Elementarschäden und steigende Kundenerwartungen führen zu einer permanenten operativen Belastung. Schadenabteilungen müssen immer mehr leisten – mit immer weniger Personal, in kürzerer Zeit und mit wachsender Komplexität. Die bestehenden Strukturen geraten an ihre Grenzen.

Schriftzug mit der Aufschrift 'RESILIENCE' auf Holzwürfeln vor einer Blumenarrangement.


Wenn Wissen geht – und Technik nicht nachkommt

Besonders kritisch ist der Verlust an Erfahrungswissen. Viele Prozesse in der Schadenbearbeitung beruhen auf implizitem Wissen: Einschätzungsfähigkeit, situative Entscheidungen, Fallbezug. Dieses Wissen ist nicht ohne Weiteres dokumentierbar oder automatisierbar. Zwar versprechen digitale Lösungen, Automatisierung und KI langfristige Entlastung – doch die Realität zeigt: Der technologische Fortschritt kann mit dem Tempo der strukturellen Herausforderungen derzeit nicht Schritt halten.

Resilienz als strategischer Lösungsansatz

Hier kommt das Prinzip der Resilienz ins Spiel. Ursprünglich aus der Psychologie stammend, beschreibt es die Fähigkeit, Belastungen standzuhalten, sich schnell zu erholen und gestärkt aus Krisen hervorzugehen. Übertragen auf die Schadenbearbeitung bedeutet Resilienz: Systeme und Organisationen müssen so gestaltet sein, dass sie auch unter Druck stabil bleiben und flexibel auf Störungen reagieren können – ohne Qualitätsverlust.

Was resiliente Schadenorganisationen auszeichnet

Resiliente Organisationen erkennen Risiken frühzeitig, arbeiten mit flexiblen Prozessmodellen und verfügen über klare Rollen, Schnittstellen und Eskalationsmechanismen. Sie setzen auf Wissensmanagement, schaffen Pufferzonen und planen mit Redundanzen, wo nötig. Gleichzeitig fördern sie teamübergreifendes Arbeiten und ermöglichen Mitarbeitenden, eigenverantwortlich und adaptiv zu handeln – auch in ungeplanten Situationen.

Technik als Verstärker, nicht als Ersatz

Technologie bleibt ein zentraler Bestandteil moderner Schadenbearbeitung – aber ihre Rolle muss realistisch eingeschätzt werden. Automatisierung ist dort sinnvoll, wo Prozesse standardisiert und regelbasiert ablaufen. KI kann in der Steuerung und Entscheidungsunterstützung wertvolle Dienste leisten. Doch in komplexen, individuellen oder emotional aufgeladenen Fällen ist der Mensch unverzichtbar. Technik kann Resilienz fördern – aber nur in einem System, das den Menschen in den Mittelpunkt stellt.

Resiliente Mitarbeitende als Schlüsselressource

Resiliente Organisationen brauchen resiliente Menschen. Deshalb gehört zur Stärkung der Schadenbearbeitung auch ein klares Bekenntnis zu Personalentwicklung, Führungskultur und Kommunikation. Neue Mitarbeitende müssen strukturiert eingearbeitet, bestehende Teams regelmäßig geschult und erfahrene Fachkräfte gezielt eingebunden werden. So wird Wissen weitergegeben, Motivation gestärkt – und die Organisation bleibt lern- und anpassungsfähig.

Resilienz gestalten – nicht abwarten

Die Herausforderungen werden nicht weniger. Der Aufbau organisationaler Resilienz ist kein kurzfristiges Projekt, sondern eine Investition in die Zukunftsfähigkeit der Schadenbearbeitung. Wer heute beginnt, seine Strukturen, Prozesse und Menschen bewusst auf Stabilität und Anpassungsfähigkeit auszurichten, schafft einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil. Resilienz ist keine Reaktion auf Krise – sie ist der strategische Rahmen, um Veränderungen aktiv zu gestalten.

Bestellen Sie in diesem Zusammenhang auch gerne den aktuellen Standpunkt zum Thema Target Operating Model, der den übergeordneten Lösungsansatz beschreibt.